Wie löst man das synoptische Problem? – 1. Der synoptische Befund

Die synoptische Frage lautet, wie sich die Übereinstimmungen und Unterschiede zwischen Matthäus, Markus und Lukas in Stoffauswahl, Stofffolge und Wortlaut erklären lassen. Mit dieser Frage bekommt man es im Religionsunterricht, im Theologiestudium und bei jeder gründlichen Exegese zu tun. Bevor man die synoptische Frage selbstständig beantworten kann, muss man sie gut verstanden haben. Der synoptische Gesamtbefund ist komplexer als den meisten Bibellesern bewusst ist.

Prof. Dr. Armin D. Baum (FTH Gießen) erklärt in dieser ersten Folge anhand ausgewählter Textbeispiele, Daten und Grafiken, aus welchen Einzelfragen sich die synoptische Gesamtfrage zusammensetzt:

  • Wie kommt es, dass die Synoptiker den Wortlaut ihrer Vorlagen teilweise nur zu 10%, an anderen Stellen aber zu 90% und insgesamt sehr uneinheitlich übernommen haben?
  • Warum haben die Synoptiker die Reden Jesu so viel wortgetreuer übernommen als den übrigen Erzählstoff?
  • Warum haben die Synoptiker gerade die poetischen Abschnitte viel wörtlicher wiedergegeben als den Rest ihrer Vorlagen?
  • Warum haben die Evangelisten nicht umgekehrt die Jesusgeschichten und vor allem die Worte Jesu wortgetreuer zitiert als das Alte Testament bzw. die Worte der alttestamentlichen Propheten?
  • Wenn Matthäus und Lukas unabhängig voneinander den Markus als Quelle benutzt haben, warum stimmen sie dann im Markusstoff so häufig gegen Markus überein (Minor Agreements)?
  • Woher rühren die vielen Wortlautveränderungen, die keine stilistischen Verbesserung einer Vorlage bieten?

Fazit: Das synoptische Problem kann nur lösen, wer diesen Gesamtbefund in allen seinen Facetten berücksichtigt.